Zusammenfassung der Veranstaltungen vom 28.08. und 30.08.2022
Am Sonntag, den 28.08. und am Dienstag, den 30.08. führten wir, die Stadtteilinitiative WEM GEHÖRT KREUZBERG, im Rahmen der alljährlich statt findenden Kreuzberger Kiezwoche zwei Veranstaltungen durch.
Die erste Veranstaltung war eine Fahrradtour zu fünf verschiedenen Häusern in Kreuzberg 61, in denen Mieter*innen unterschiedlichen Be- und Verdrängungsaktivitäten durch ihre jeweiligen Eigentümer*innen ausgesetzt sind.
Hatten wir in den letzten Jahren auf ähnlichen Touren durch den Stadtteil die vielen Luxusneubauten und Verdichtungsprojekte im Mittelpunkt gehabt, wollten wir jetzt wieder einmal einige der unendlich vielen „leisen“ und alltäglichen Entmietungsversuche einer interessierten Öffentlichkeit vorstellen. Nicht nur diesen vielen Luxus-Beton- und Glaswüsten nerven uns, sondern auch diese vielen praktizierten Verdrängungen unserer Nachbar*innen.
Vor den jeweiligen angefahrenen Häuser wurden entweder direkt von betroffenen Mieter*innen informative Berichte gehalten oder auch von uns, aus Angst vor Repressalien, direkt vorgelesen.
Berichte über eine erfolgreiche Verhinderung einer Entmietung durch Eigenbedarf, über alltägliche Schikanen durch Baumaßnahmen mit dem Ziel der Zermürbung und des Auszugs alteingessener Mieter*innen, über den Wegfall relativ bezahlbaren Wohnraums durch Umwandlung der Miet- in Eigentumswohnungen und zeitnahem Wegfall der Sozialbindung dieser Wohnungen (auch dort laufen schikanöse Baumaßnahmen), über eine Eigentümerfamilie, die in ihren Häusern unterschiedliche Verdrängungspraktiken durchführen, über das Geschätsmodell einer recht jungen Investorenclique, die Altbauten aufkaufen, Miet- in Eigentumswohnungen umwandeln, Luxusbaumaßnahmen beginnen und recht schnell spekulativ ihre Häuser weiter verkaufen.
Allen Berichten eigen war der Hintergrund, dass sich in allen Häusern Mieter*innen sich diesen Prozessen in den Weg stellten und durch unterschiedliche Vernetzungen solidarischen Beistand holten und eigene Handlungsspielräume eröffneten.
Beispiele also die zeigen, dass gemeinsam steigende Mieten, Verdrängung und Spekulation der Boden entzogen werden kann.
Beispiele die zeigen, wie wichtig es sein kann, unsere alltägliche Vereinzelung durch solidarisches Miteinander zu durchbrechen.
Die zweite Veranstaltung, die wir in Zusammnearbeit mit dem Kiezbündnis am Kreuzberg durchführten, war ein Diskussionsabend, gedacht als eine mögliche Fortsetzung der letztjährigen Diskussionsveranstaltung.
Wie auch schon letztes Jahr waren mehrere Initiativen eingeladen, um einen Input ihrer Arbeit zu geben, als Impulsvorgabe für eine Diskussion über die jeweiligen Ansätze.
Diesmal solle die Diskussion sich thematisch nicht um analytische Hintergründe der jeweiligen „Gentrifizierungsbaustellen“ drehen. Warum Karstadt umstrukturiert wird oder im Gleisdreieck Park 125 000 m² Gewerbe hinbetoniert wird, wissen wir.
Ob Entmietung durch Eigenbedarf, Luxusmodernisierung, die Luxuswüsten an der Spree, es gibt gemeinsame Klammern, gemeinsame Ursachen.
Die Diskussion sollte zum Schwerpunkt haben, was es für jeweilige Interventionen, Vernetzungen, solidarische Unterstützungen gibt. Wo es in unseren Zusammenhängen und Aktivitäten gemeinsame praktische klammern geben könnte.
Betont wurden von einigen Initiativen ihre jeweiligen positiven praktischen Interventionen, die teilweise erfolgreich sind und sich in der Öffentlichkeit verankert haben.
Dennoch – die Diskussion war schwierig, denn auch wenn wir sehen, dass bezüglich der massiven Gentrifizierung in Berlin an jeder Ecke unzählige Initiativen entstehen und auch recht agil und aktiv sind, so schwang doch auch im Raum das Gefühl mit, dass sich aufgrund dieser Massivität der alltäglichen Angriffe auf unser Grundbedürfnis „ein sicheres Dach über den Kopf zu haben“, doch wesentlich mehr Menschen sich zusammen tun müssten und für eine andere Wohnungspolitik kämpfen.
Es stellten sich Fragen, warum doch relativ ungehindert diese Politik der Verdrängung agieren kann, warum etliche Menschen nach einem kurzen Strohfeuer sich wieder in ihre Ohnmacht zurück ziehen, warum der Protest nicht auf einer wesentlich breiteren Basis fusst???
Wo liegen mögliche Gründe? Das wir nicht mehr anders fühlen, denken, handeln können, als in den immer mehr eingeschnürteren Vorgaben? Das die politischen, ökonomischen, kulturellen und sozialen Verhältnisse so zementiert sind? Das der Fokus auf eine Veränderung der Wohnungspolitik nicht mehr ausreicht in einer Welt der vielen Kriege, des Hungers, des Versickerns unseres Wassers, des Verschwindens so vieler Pflanzen- und Tierarten, der Realität fortlaufender Pandemien, usw.?
Sehr schnell entwickelte sich die Diskussion zu einer Aneinanderreihung vieler eigener Erfahrungen und Fragen, die in einem abendlichen Rahmen selbstverständlich nicht zu Antworten führen können und auch nicht müssen.
Dennoch: die vielen Fragen, verbunden mit den gegenwärtigen Realitäten und Bedingungen, die uns oftmals ohnmächtig, hilflos, kraftlos hinterlassen, werden uns auch immer wieder antreiben, eben diese Realitäten und Bedingungen hinter uns zu lassen und Anderes für uns Alle zu schaffen.
WEM GEHÖRT KREUZBERG — September 2022
Am Sonntag, den 28.08. und am Dienstag, den 30.08. führten wir, die Stadtteilinitiative WEM GEHÖRT KREUZBERG, im Rahmen der alljährlich statt findenden Kreuzberger Kiezwoche zwei Veranstaltungen durch.
Die erste Veranstaltung war eine Fahrradtour zu fünf verschiedenen Häusern in Kreuzberg 61, in denen Mieter*innen unterschiedlichen Be- und Verdrängungsaktivitäten durch ihre jeweiligen Eigentümer*innen ausgesetzt sind.
Hatten wir in den letzten Jahren auf ähnlichen Touren durch den Stadtteil die vielen Luxusneubauten und Verdichtungsprojekte im Mittelpunkt gehabt, wollten wir jetzt wieder einmal einige der unendlich vielen „leisen“ und alltäglichen Entmietungsversuche einer interessierten Öffentlichkeit vorstellen. Nicht nur diesen vielen Luxus-Beton- und Glaswüsten nerven uns, sondern auch diese vielen praktizierten Verdrängungen unserer Nachbar*innen.
Vor den jeweiligen angefahrenen Häuser wurden entweder direkt von betroffenen Mieter*innen informative Berichte gehalten oder auch von uns, aus Angst vor Repressalien, direkt vorgelesen.
Berichte über eine erfolgreiche Verhinderung einer Entmietung durch Eigenbedarf, über alltägliche Schikanen durch Baumaßnahmen mit dem Ziel der Zermürbung und des Auszugs alteingessener Mieter*innen, über den Wegfall relativ bezahlbaren Wohnraums durch Umwandlung der Miet- in Eigentumswohnungen und zeitnahem Wegfall der Sozialbindung dieser Wohnungen (auch dort laufen schikanöse Baumaßnahmen), über eine Eigentümerfamilie, die in ihren Häusern unterschiedliche Verdrängungspraktiken durchführen, über das Geschätsmodell einer recht jungen Investorenclique, die Altbauten aufkaufen, Miet- in Eigentumswohnungen umwandeln, Luxusbaumaßnahmen beginnen und recht schnell spekulativ ihre Häuser weiter verkaufen.
Allen Berichten eigen war der Hintergrund, dass sich in allen Häusern Mieter*innen sich diesen Prozessen in den Weg stellten und durch unterschiedliche Vernetzungen solidarischen Beistand holten und eigene Handlungsspielräume eröffneten.
Beispiele also die zeigen, dass gemeinsam steigende Mieten, Verdrängung und Spekulation der Boden entzogen werden kann.
Beispiele die zeigen, wie wichtig es sein kann, unsere alltägliche Vereinzelung durch solidarisches Miteinander zu durchbrechen.
Die zweite Veranstaltung, die wir in Zusammnearbeit mit dem Kiezbündnis am Kreuzberg durchführten, war ein Diskussionsabend, gedacht als eine mögliche Fortsetzung der letztjährigen Diskussionsveranstaltung.
Wie auch schon letztes Jahr waren mehrere Initiativen eingeladen, um einen Input ihrer Arbeit zu geben, als Impulsvorgabe für eine Diskussion über die jeweiligen Ansätze.
Diesmal solle die Diskussion sich thematisch nicht um analytische Hintergründe der jeweiligen „Gentrifizierungsbaustellen“ drehen. Warum Karstadt umstrukturiert wird oder im Gleisdreieck Park 125 000 m² Gewerbe hinbetoniert wird, wissen wir.
Ob Entmietung durch Eigenbedarf, Luxusmodernisierung, die Luxuswüsten an der Spree, es gibt gemeinsame Klammern, gemeinsame Ursachen.
Die Diskussion sollte zum Schwerpunkt haben, was es für jeweilige Interventionen, Vernetzungen, solidarische Unterstützungen gibt. Wo es in unseren Zusammenhängen und Aktivitäten gemeinsame praktische klammern geben könnte.
Betont wurden von einigen Initiativen ihre jeweiligen positiven praktischen Interventionen, die teilweise erfolgreich sind und sich in der Öffentlichkeit verankert haben.
Dennoch – die Diskussion war schwierig, denn auch wenn wir sehen, dass bezüglich der massiven Gentrifizierung in Berlin an jeder Ecke unzählige Initiativen entstehen und auch recht agil und aktiv sind, so schwang doch auch im Raum das Gefühl mit, dass sich aufgrund dieser Massivität der alltäglichen Angriffe auf unser Grundbedürfnis „ein sicheres Dach über den Kopf zu haben“, doch wesentlich mehr Menschen sich zusammen tun müssten und für eine andere Wohnungspolitik kämpfen.
Es stellten sich Fragen, warum doch relativ ungehindert diese Politik der Verdrängung agieren kann, warum etliche Menschen nach einem kurzen Strohfeuer sich wieder in ihre Ohnmacht zurück ziehen, warum der Protest nicht auf einer wesentlich breiteren Basis fusst???
Wo liegen mögliche Gründe? Das wir nicht mehr anders fühlen, denken, handeln können, als in den immer mehr eingeschnürteren Vorgaben? Das die politischen, ökonomischen, kulturellen und sozialen Verhältnisse so zementiert sind? Das der Fokus auf eine Veränderung der Wohnungspolitik nicht mehr ausreicht in einer Welt der vielen Kriege, des Hungers, des Versickerns unseres Wassers, des Verschwindens so vieler Pflanzen- und Tierarten, der Realität fortlaufender Pandemien, usw.?
Sehr schnell entwickelte sich die Diskussion zu einer Aneinanderreihung vieler eigener Erfahrungen und Fragen, die in einem abendlichen Rahmen selbstverständlich nicht zu Antworten führen können und auch nicht müssen.
Dennoch: die vielen Fragen, verbunden mit den gegenwärtigen Realitäten und Bedingungen, die uns oftmals ohnmächtig, hilflos, kraftlos hinterlassen, werden uns auch immer wieder antreiben, eben diese Realitäten und Bedingungen hinter uns zu lassen und Anderes für uns Alle zu schaffen.
WEM GEHÖRT KREUZBERG — September 2022