Pressemitteilung 31.05.2016 von UNSER BLOCK BLEIBT: will Monopoly stoppen und ruft Bezirk und Senat zur Unterstützung auf

Die Mieterinnen und Mieter der Fram-, Nansen-, Pflüger- und Pannierstr. rufen die Politik auf, keine Spekulation mit den von Zwangsversteigerung betroffenen Häusern zuzulassen. Sie fordern, dass Milieuschutz und Rekommunalisierung umgesetzt werden.

Am 26. Mai haben sich die Bewohnerinnen und Bewohnern des Neuköllner Häuserblocks zu einer zweiten Versammlung getroffen. Anlass ist die Zwangsversteigerung der von ihnen bewohnten Häuser, die ab Mitte Juni im Amtsgericht Neukölln stattfinden soll. Über 80 Bewohnerinnen und Bewohnern im Alter zwischen 20 und 85 Jahren nahmen teil. Auch zahlreiche Gäste aus der Politik, dem Mieterverein und der Mietergemeinschaft sowie ehemalige Bewohner und Nachbarinnen und Nachbarn kamen, um die Betroffenen zu unterstützen.

Die aktuelle Situation

Die Zeit drängt für die Bewohnerschaft und aufgrund von Regelungslücken in der gegebenen Gesetzeslage gibt es nur noch wenige Handlungsmöglichkeiten.
Schon am 13. Juni findet die erste von vier Zwangsversteigerungen statt.

Das heißt:
Der Zeitdruck lässt den Bewohnerinnen und Bewohnern keine Chance, den Häuserblock in eigener Verwaltung zu übernehmen. Dabei wären einige Genossenschaften grundsätzlich bereit gewesen, die Mieterinnen und Mieter dabei zu unterstützen. Außerdem gibt es kein Vorkaufsrecht für Mietergemeinschaften, sie müssten im Versteigerungsverfahren mitbieten.

Im Februar 2016 trat im Reuterkiez der Milieuschutz in Kraft. Dieser fordert vom Bezirk, außerordentlichen Sanierungsmaßnahmen sowie der Verwandlung von
Miet- in Eigentumswohnungen, einen Riegel vorzuschieben. Es bleibt aber abzuwarten, wie sich die Umsetzung durch das Stadtentwicklungsamt in Neukölln auf lange Sicht konkret gestaltet.

In Milieuschutzgebieten kann der Bezirk ein kommunales Vorkaufsrecht ausüben. Bei einer Zwangsversteigerung läuft jedoch einiges anders als bei einem Verkauf: Das Vorkaufsrecht des Bezirks ist ausgehebelt. Zudem gibt es im Bezirk Neukölln derzeit keinerlei Bestrebungen, in Milieuschutzgebieten das Vorkaufsrecht anzuwenden.

Die Bewohnerschaft stellt Forderungen an Senat und Bezirk

Der Senat hat die Erhöhung des Bestands der städtischen Wohnungsbaugesellschaften vorgegeben. Die Bewohnerinnen und Bewohnern rufen daher nun Senat und Bezirk an, ihre Verantwortung jetzt wahrzunehmen: Sie fordern, dass Bezirk und Senat jetzt die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellen, damit städtische Wohnungsbaugesellschaften die Möglichkeit haben, ihren Häuserblock zu ersteigern. Denn nur so werde der geltende Milieuschutz ernst genommen, nur so können Mieterrechte geschützt werden und nur so könne die vom Senat beschlossene Rekommunalisierung in die Tat umgesetzt werden.

Botschaft der Bewohner an die Investoren

Die Bewohnerinnen und Bewohnern formulierten auf der Versammlung drei Botschaften an mögliche Investoren, die die Häuser ersteigern wollen, um
hohe Renditen zu erzielen:
  1. Es besteht ein Milieuschutz. Dies bedeutet: Keine Umwandlung in Eigentum, keine Luxussanierungen um Höchstmieten zu erzielen; eine Nachverdichtung im Innenhof ist unabhängig vom Milieuschutz aufgrund der bestehenden Bauordnung nicht zulässig.
  2. Investoren kaufen nicht nur einen Häuserblock: Sie treffen auf eine gut organisierte und informierte Mieterschaft, die entschlossen ist, ihre (Mieter-)Rechte zu verteidigen.
  3. Die Bewohnerinnen und Bewohner wissen, welche von den in den Versteigerungsunterlagen versprochenen Renditen, weisen aber darauf hin, dass die Bauschäden in den Häusern, der Verdacht auf Schadstoffbelastung im Hof und der geltende Milieuschutz in den Gutachten nicht aufgeführt sind.
Hintergrund

Die Bewohnerschaft der Häuser stellt noch ein Stück nicht-gentrifiziertes Neukölln dar. Hier leben neben regulär Erwerbstätigen ältere Leute — oft mit niedriger Rente, Familien mit Kindern, Studierende, Hartz 4-Empfänger, prekär Beschäftigte und Künstler in guter und stabiler Hausgemeinschaft miteinander. Die etwa 300 Mieterinnen und Mieter, die teilweise seit 40 oder 50 Jahren in ihren Wohnungen leben, haben nur zufällig von der Versteigerung erfahren und haben sich umgehend zu Arbeits- und Aktionsgruppen zusammengefunden. Es herrscht die Sorge, dass es bei den baldigen Zwangsversteigerungen auf dem überhitzten Berliner Wohnungsmarkt zu überzogenen Geboten kommt, die zu immensen Mietsteigerungen und der Vertreibung der Bewohnerschaft führen. Dennoch lassen sich die Bewohnerinnen und Bewohner nicht entmutigen. Sie hoffen, durch ihr Engagement auf einen guten Ausgang hinarbeiten und auch in Zukunft in einer so guten und funktionierenden Nachbarschaft wohnen zu können.

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