Initiative gegen Eigenbedarfsansprüche

Initiative einer Mieterin (Juni 2016):

Im Jahr 2015 wurden über 17.000 Berliner Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt, das sind doppelt so viele wie noch im Jahr 20141. Berlin soll offensichtlich eine Stadt des Wohneigentums werden. MieterInnen, die die von den neuen EigentümerInnen verlangte Miete nicht mehr zahlen können, werden aus ihrem Wohnumfeld oder aus der Stadt vertrieben oder wegen Eigenbedarfs zwangsgeräumt. Die betroffenen MieterInnen stehen oft alleine. Die Politik bietet nur unzureichende Werkzeuge, um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Die Gesetzeslage erlaubt es der Immobilienwirtschaft, ihre Renditeinteressen weitgehend ungebremst durchzusetzen.

Das Kammergericht Berlin hat geurteilt, dass die 10-Jahres-Sperrfrist für die Eigenbedarfskündigung auch für Wohnungen gilt, die vor dem 1.10.2013 umgewandelt wurden. Ein kleiner Erfolg — aber: diese Frist ist bereits bei vielen Wohnungen abgelaufen und den MieterInnen wird reihenweise gekündigt.

Das Prinzip Teile und Herrsche wird bei Eigenbedarfskündigungen auf die Spitze getrieben.
Da die MieterInnen alle einen anderen Eigentümer haben, wird ihnen nie gleichzeitig gekündigt. Wer (noch) nicht betroffen ist, unternimmt nichts und hofft, dass der Kelch an ihm vorübergeht. Die meisten haben auch nicht das Nervenkostüm, diesen Kampf alleine durchzustehen. Sie geben auf.

Es ist unbedingt notwendig, diese Entwicklung zu stoppen.
Alles was die Politik dieser Entwicklung „entgegensetzt“, sind kleinere Bremswirkungen. So gilt das jetzige Umwandlungsgenehmigungsverfahren nur für die wenigen Milieuschutzgebiete der Stadt, und es kann leicht umgangen werden. Die Wohnungen im Gräfekiez etwa, dem ältesten Milieuschutzgebiet (seit 1995), sind weitestgehend umgewandelt. Die Mieten sind höher als in den übrigen Milieuschutzgebieten und die meisten MieterInnen aus dem „Milieu“ wurden schon gegangen. Schon 1998 haben Eigentümer den Mietern im Gräfekiez ins Gesicht gesagt, dass hier bald ganz andere Leute wohnen werden. So paradox, wie es sich anhört: Es ist kein Vorteil, in einem Milieuschutzgebiet zu wohnen, denn die maßgeblichen Kräfte in Politik und Immobilienwirtschaft sind sehr an einer Liquidierung des „Milieus“ (BestandsmieterInnen) interessiert. Vor allem ärmere Menschen sollen sich am besten in Luft auflösen, da sie die Wirtschaft stören. Die Politik hat sich selbst mittlerweile zum Wirtschaftsunternehmen entwickelt.

Auch das Vorkaufsrecht der MieterInnen lässt sich — mit einer GbR-Gründung — leicht aushebeln. Bezirke und Senat weigern sich ihr Vorkaufsrecht in Anspruch zu nehmen, wobei dies vielleicht das einzige Mittel wäre gegen die gewaltsame Vertreibungspolitik.

Die Parteien und Institutionen sind an einem Bestandsschutz von MieterInnen nicht mehr interessiert, sie handeln so, als ob man Menschen wie Schachbrettfiguren in der Stadt hin-und herschieben könnte. Dass die Menschen ihren Lebensmittelpunkt in ihren Wohnungen und Kiezen haben, interessiert dabei überhaupt nicht, sie werden dann als Einzelfälle abgetan. Die MieterInnen sind verraten und verkauft. Hinter ihrem Rücken laufen Deals zwischen Politik und Eigentümern, schamlos, skrupellos, korrupt. Die Menschen sind fassungslos, ohnmächtig und leben mit der ständigen Angst im Hintergrund, die Stadt verlassen zu müssen. Dies macht krank.

Wer möchte mit mir gemeinsam etwas gegen diese Entwicklung unternehmen?
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1Abendschau vom 20. Mai 2016